Mutiert by Ulrich Hefner

Mutiert by Ulrich Hefner

Autor:Ulrich Hefner [Hefner, Ulrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Club
veröffentlicht: 2013-03-03T23:00:00+00:00


33

Cuiabá, Bundesstaat Mato Grosso

Das Haus war umstellt. Zagallo wartete in seinem Dienstwagen, bis der Einsatzleiter der Spezialkräfte über Funk das Signal zum Einsatz gab.

Am frühen Morgen waren sie von Mama Aquela informiert worden, dass Anjo, der weißhaarige Engel, wieder aufgetaucht sei. Er hatte sich wieder in das Viertel im Norden der Stadt gewagt, weil er sich offenbar nicht vor Entdeckung fürchtete. Wahrscheinlich wusste er überhaupt nicht, dass die Polizei nach ihm fahndete. Mama Aquela hatte berichtet, dass sie ihn in Begleitung zweier junger Männer gesehen habe. Sie habe ihn durch die ganze Stadt verfolgt und beobachtet, wie er in Despraiado in einem schönen neuen Haus verschwunden sei. Ihr Bruder und ihr Neffe stünden noch immer vor dem Haus, und bislang wäre er nicht wieder herausgekommen. Er fahre einen schwarzen VW und habe in Paraiso einen Jungen abgeholt, den sie auf nicht älter als fünfzehn schätze.

Zagallo hatte zuerst überlegt, ob er das Haus observieren lassen sollte, um Anjo zu folgen. Doch mit Blick auf den Jugendlichen in seiner Begleitung kam er zu dem Entschluss, das Gebäude stürmen und Anjo sowie seine Begleiter dingfest machen zu lassen. Schließlich musste er davon ausgehen, dass es dem Jungen nicht besser ergehen würde als Gabriel, dem Sohn von Mama Aquela.

Seit einer Stunde warteten sie nun. Mama Aquelas Bruder hatte ihnen das Haus gezeigt, und tatsächlich stand in der Hofeinfahrt der beschriebene schwarze Wagen in der Morgensonne. Es war ein neu erbautes Wohnviertel, in dem mit staatlichen Mitteln aus dem Wohnungsförderprogramm ganze Straßenzüge mit gleichförmigen Häusern errichtet worden waren. Sie unterschieden sich nur durch die Hausnummern, ansonsten waren die Gebäude mitsamt den kleinen, bislang noch unbepflanzten Vorgärten von der Stange.

Zagallo hatte bei Gabriels Onkel noch einmal rückgefragt, ob es sich bei dem Haus, das nun vom Sonderpolizeikommando gestürmt werden sollte, auch tatsächlich um jenes handelte, in dem Anjo mit seinen Begleitern verschwunden war.

»Sie sind bereit und rücken vor«, erstattete Falcáo Bericht.

Zagallo lehnte lässig am Kotflügel seines Dienstwagens, einem titanfarbenen VW Golf Plus, der in den Werken in São Carlos hergestellt worden war. Sie hatten im Schatten der Bäume, in der Nähe einer Tankstelle geparkt. Es würde wieder ein heißer und drückender Tag werden, doch noch hatte die Sonne den Zenit nicht erreicht.

Von weitem beobachtete Zagallo die schwarzen Gestalten des Einsatzkommandos, die in ihren Schutzanzügen und Helmen auf das Haus vorrückten.

»Ich hoffe, der Junge lebt noch«, sagte Falcáo nachdenklich, als er das Fernglas vor seine Augen hob.

»Wieso sollten sie ihn umbringen?«, antwortete Zagallo.

»Du hast den Arzt gehört, unsere Theorie mit dem Organhandel können wir vergessen, also steckt etwas anderes dahinter.«

»An was denkst du?«

»Wie wäre es mit Pornografie. Erinnerst du dich noch an die Bande, die in São Bernado ausgehoben wurde?«

Zagallo zog an seinem Zigarillo und blies den Rauch in die Luft. »Ich glaube nicht, dass eine Bande von Pädophilen dahintersteckt. Unsere anfängliche Theorie ist gar nicht so weit von der Realität entfernt, glaube mir. Doktor Mendoza …«

Bevor Zagallo weitersprechen konnte, fielen Schüsse, nachdem die Tür des Hauses mit einer Ramme eingeschlagen worden war. Die kurzen Feuerstöße von Maschinenpistolen mischten sich mit einzelnen Pistolenschüssen.



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